Zu den wortwert-Kunden der ersten Stunde zählt der Hochschulanzeiger der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Fast zehn Jahre lang sind wir für das Studenten-Magazin quer durch die Republik gereist und haben Universitätsstädte porträtiert: ihre Hochschulen, ihre Szeneviertel, ihre Wohnungsmärkte, ihre Kneipen. Nachdem wir im Jahr 2008 aus Leipzig berichtet hatten, einer Stadt mit von friedlichen Besetzern „bewachten“ Altbauten, einer boomenden Kreativszene und immensem Freiraum für Leute, die das Unfertige lieben, da meldete sich die Redaktion des Lufthansa-Exclusive-Magazins bei uns – mit einer für uns äußerst überraschenden Anfrage.
Man wollte die große Leipziger Freiheit noch einmal aufgeschrieben haben, und zwar für das Magazin, das die größte deutsche Fluglinie an ihre besten Kunden verteilt. Es war eine unserer ersten Berührungen mit dem Corporate Publishing, und sie war durch und durch erfreulich. Nach äußerst reibungsfreien Honorarverhandlungen beauftragte die Redaktion erst mal einen Reportage-Fotografen, der die Stadt von allen Seiten belichtete, und räumte anschließend 17 (in Worten: siebzehn!) Seiten frei für unsere Geschichte vom „besseren Berlin“.
Die Erinnerung daran ist äußerst lebendig. Schließlich war es ausgerechnet eine Kundenzeitschrift, die uns hier einerseits mit großem journalistischem Elan begegnete – und andererseits auch mit dem dazu nötigen Etat. Bei der FAZ etwa hatten wir zuvor jahrelang für einen Foto-Etat gekämpft. Wenn einem der dann ohne Diskussionen zugesagt wird, dann lässt sich eine gewisse Freude über die Wertschätzung an der redaktionellen Arbeit, die einem diese Seite entgegenbringt, nicht verleugnen. Die Story erschien zudem auch noch im Layout von Peter Schmidt, einem der großen deutschen Editorial-Designer. Auch das nimmt man als Journalist durchaus wohlwollend zur Kenntnis.
Inzwischen haben wir bei unserer Arbeit auch aus solchen Gründen die Scheuklappen gegenüber CP-Auftraggebern abgelegt. Anspruchsvolle Kundenmagazine stehen Publikumszeitschriften in kaum noch etwas nach. Gut, das investigative Fach ist sicherlich nicht ihre Domäne, aber das ist auch nicht die unsere. Ansonsten haben sie in Machart, Produktionsaufwand, im Anspruch und auch in der Hingabe fürs Redaktionelle so manche Zeitschrift durchaus überholt. Guter Journalismus ist jedenfalls keine exklusive Sphäre für publizistische Verlagshäuser – auch andere Unternehmen fragen immer häufiger hochwertige redaktionelle Dienstleistungen nach.
Sicherlich lässt sich gegen diese Sichtweise einwenden, sie verschleiere die höchst unterschiedlichen Interessenlagen. Es steht ja außer Frage, dass die Lufthansa mit ihrem Magazin unterm Strich keine anderen Ziele verfolgt als Flugreisen zu verkaufen. Doch wie verändert dieses kommerzielle Interesse die Arbeit für uns Journalisten? Im Fall der Leipzig-Geschichte lässt sich das ganz einfach beantworten: kein Stück. Story und These standen zuvor bereits, der Auftraggeber hatte nichts dagegen einzuwenden, der Redakteur jederzeit freie Hand. Aus meiner Erfahrung mit anderen – zugegeben hochklassigen – CP-Publikationen während der vergangenen Jahre kann ich sagen: Das war keine Ausnahme, sondern ist die Regel. Schließlich zählt hier wie dort die gute Geschichte.
Erst wenn sich das Marketing zu sehr in die Produktion von Kundenmagazinen einmischt, endet die Sache möglicherweise schmutzig. Dann aber ist es ohnehin Zeit für Journalisten, sich andere Auftraggeber zu suchen. Der Abschied fällt nach solchen Übergriffen nicht schwer: Denn schlechtes CP macht keinen Spaß. Genauso wenig wie schlechter Journalismus für Verlagsmedien.