Zu den wichtigsten wortwert-Kunden zählen nicht nur populäre Wirtschaftszeitschriften wie Capital, die Wirtschaftswoche oder das Unternehmermagazin Impulse. Wir arbeiten auch regelmäßig für deutlich unbekanntere Titel: das „Steuerberater Magazin“ etwa, den „Human Resources Manager“ oder auch die Malerzeitschrift „Mappe“. Branchen-Statistiker trennen diese Fachzeitschriften von kioskbekannten Publikumsmedien durch einen wesentlichen inhaltlichen Unterschied: Solche Blätter richten sich ausschließlich an Berufsleser.
Für uns als redaktioneller Dienstleister werden diese Fachzeitschriften immer wichtiger. Und das aus drei Gründen:
Erstens ist das Angebot an Publikumszeitschriften für Magazinjournalisten mit Wirtschaftskompetenz im Lauf der vergangenen Jahre kontinuierlich gesunken. Wir bewegen uns also in unserem Stammgeschäft in einem schrumpfenden Markt – und sind schon daher gut beraten, uns neue Kundengruppen zu erschließen. Um zu veranschaulichen, was in dem Markt passiert: Nur 29 Wirtschaftsmagazine lassen heute ihre Auflage von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) prüfen, die als wichtigste Instanz für Werbung ans breite Publikum gilt. Dem stehen ebenso viele Titel gegenüber, die ihre IVW-Zählung aufgegeben haben oder überhaupt nicht mehr erscheinen. Darunter sind auch frühere wortwert-Kunden wie der einstige jugendliche Capital-Ableger Bizz oder das Zeitungs-Spin-off „Handelsblatt Junge Karriere“. Online sieht die Lage übrigens nicht unbedingt besser aus: So hat sich etwa das „Manager Magazin Online“ seit einem großen Relaunch vor zwei Jahren sukzessive mehr aufs Kuratieren verlegt, stellt also verstärkt Nachrichten aus anderen Quellen zusammen, statt eigenständig exklusive Inhalte zu recherchieren.
Zum Vergleich: Der Verband der Deutschen Fachpresse zählt fast 1900 Fachzeitschriften. Schon durch ihre Leserschaft haben die allermeisten von ihnen einen Bezug zu Wirtschaftsthemen.
Zweitens, und das ist ein mindestens genauso guter Grund, sich mit den Titeln für Berufsleser zu befassen, wächst der Fachzeitschriftenmarkt. Vielen Magazinen geht es dabei wie den Hidden Champions des deutschen Mittelstands. Sie entwickeln sich prächtig, gewinnen Auflagen, Nutzer, und noch wichtiger: Ertragskraft – aber kaum jemand nimmt Notiz davon. Tatsächlich zeigen sich die Fachzeitschriften erstaunlich immun gegen die allgemein beklagte Print-Krise, gegen sinkende Anzeigen- und Vertriebserlöse. Viele generieren zudem mit ihren digitalen Ablegern veritable Einnahmen, verkaufen ihre Inhalte also nicht nur auf Papier, sondern auch auf dem Smartphone erfolgreich. Ein Blick auf die Entwicklung der Erlöse in den Märkten zeigt, was hier fast unbemerkt geschieht: Während Publikumszeitschriften seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2009 im Schnitt jedes Jahr zwei Prozent an Umsatz verloren haben, steigen die Erlöse mit Fachtiteln und ihren Digitalablegern seither um 2,7 Prozent pro Jahr:
Nicht berücksichtigt sind hier die ebenfalls steigenden Erträge aus weiteren Dienstleistungen, etwa dem Seminargeschäft oder Redaktionsleistungen für Unternehmen. Die Beratungsgesellschaft PWC ist überzeugt, dass das genau so weitergeht. Im bekannten „German Entertainment and Media Outlook“ aus dem vergangenen Jahr schreiben die Berater: „Für den Prognosezeitraum bis 2019 werden sich die Erlöse der Publikums- und Fachzeitschriften gegenläufig entwickeln.“ Der Markt für Publikumszeitschriften soll nach ihren Berechnungen in den kommenden fünf Jahren um durchschnittlich 1,4 Prozent pro Jahr weiter schrumpfen, die Erlöse aus Fachzeitschriften um durchschnittlich 0,7 Prozent pro Jahr steigen.
Übrigens erwartet nach Umfragen des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger auch niemand, dass sich das Blatt wendet. Im Gegenteil: Die Verleger der Publikumszeitschriften prognostizieren ebenfalls weiter sinkende Vertriebs- oder Anzeigenerlöse. Das einzige Print-Segment, das derzeit in der Branche veritabel wächst, ist laut VDZ jenes mit Corporate-Publishing-Titeln, Content Marketing beziehungsweise „Branded Content“. Auch darunter finden sich viele Fachmagazine.
Drittens haben die Fachzeitschriften journalistisch an Profil gewonnen. Viele der Titel, die sich lange Zeit weitgehend darauf konzentriert haben, Sortimente zu featuren, Dienstleister vorzustellen oder fachlich tiefgründige Debatten zu moderieren, entwickeln sich zu vollwertigen Wirtschaftstiteln. Sie vereinen dann im besten Sinne zwei Ansprüche: Einerseits Pflichtlektüre für Branchenvertreter zu sein, die wissen müssen, was die Konkurrenz treibt und wer wohin gewechselt ist. Und andererseits Nutzwert zu liefern auch für Fragen der Unternehmensführung. Dass es bei all dem dann auch noch immer persönlicher werden darf, ist für Magazinjournalisten wie uns natürlich ein Fest.
So erleben wir die Grenzen zwischen Fach- und Publikumstiteln immer häufiger als fließend. Und vielen anderen Journalisten geht es offenbar genauso. Schließlich gilt es längst nicht mehr als Karriererückschritt, von einer großen Zeitung oder Zeitschrift zu einem vermeintlich unwichtigeren, weil hoch spezialisierten Fachtitel zu wechseln. Vor zwei Jahren habe ich dazu unter anderem mit Hagen Seidel gesprochen, der die Welt-Gruppe als Korrespondent verließ, um fortan die Redaktion der Textilwirtschaft zu führen. Seidel war selig, erzählte mir freimütig: „Im Vergleich zu dem, was ich an Sparrunden und wirtschaftlichen Zwängen bei Publikumsmedien zuletzt erlebt habe, kommt es mir hier noch ein bisschen vor wie die guten alten Zeiten: Ein Magazin mit hohem Anspruch, eine präsente Verlegerfamilie und ein funktionierendes Geschäftsmodell.“ Mein Artikel zu dem Thema erschien übrigens im „Journalist“ – einer bedeutsamen Fachzeitschrift für unsere Zunft.